1910 war die Erprobung des elektrischen Betriebes bei den Schweizer Hauptbahnen noch nicht abgeschlossen, als sich die Rhätische Bahn dazu entschloss, die im Entstehen begriffene Engadiner Linie von Bever nach Scuol, inklusive deren Anschlusslinien Bever-Samedan-St.Moritz und Samedan-Pontresina, von Anfang an mit Einphasen-Wechselstrom zu betreiben.

Bei der Umsetzung dieses ausgesprochen mutigen Entscheides fehlte es dann aber an der nötigen Konsequenz, um auch die modernsten zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen. Und so waren die für den Betrieb beschafften sieben Lokomotiven des Typs Ge 2/4 (sowie auch die zeitgleich beschafften grösseren Ge 4/6) bereits zur Bauzeit in vielerlei Hinsicht konzeptionell veraltet und konnten zeitgenössischen Vergleichen mit anderen Elektrolokomotiven nicht standhalten.

Im Folgenden sollen sowohl die technischen Möglichkeiten jener Zeit, als auch die Überlegungen der verantwortlichen Techniker und Ingenieure beschrieben werden, damit die vorliegende Konstruktion der Ge 2/4 besser verstanden werden kann.

Bereits zur Blütezeit der Dampflokomotiven versuchte man mit geeigneten Fahrwerkstechnologien bei Kurvenfahrt den Rad-Schienenverschleiss zu minimieren. Aufgrund der Abhängigkeit von Treib- und Kuppelstangen musste aber immer wieder auf ein sperrige Einrahmenfahrwerk mit langem Radstand zurück gegriffen werden. Andere Lösungen scheiterten oft aus Platzgründen oder sie waren nur mit grösstem mechanischen Aufwand und entsprechend teuer zu realisieren.

Elektrische Antriebssysteme vereinfachen diese Bemühungen enorm: Fortan konnten kompakte elektrische Antriebseinheiten beispielsweise direkt in Achsdrehgestelle integriert werden, welche sich als antriebslose Fahrwerke für Anhängefahrzeuge bereits bestens bewährten. Und so machten einzelne Vertreterinnen der allerersten Generation elektrischer Trambahnen bereits vor der Jahrhundertwende mit grossem Erfolg von motorisierten Drehgestellen Gebrauch.

Trotzdem waren die damals neuartigen Fahrwerkstechnologien nicht unumstritten: So bemängelten Kritiker zu Recht, dass einzeln angetriebene Achsen bei schlechten Schienenverhältnissen eher zum Schleudern neigen als gekuppelte Achsgruppen. Die zerstörerische Wirkung von durchdrehenden Lokachsen war damals noch sehr gefürchtet!
Ferner zweifelte man an den bereits vorhandenen Erfahrungswerten, dass Drehgestelle, trotz tiefer Schwerpunktlage und nur teilweise gefederter Fahrmotorenmasse, einen oberbauschonenden Betrieb zulassen.

Tatsächlich wurde seit der Weltausstellung in Chicago anno 1893 die These verbreitet, dass primär die Reduktion der Wankstabilität ein erstrebenswerter Lösungsansatz für ein unterbauschonendes Fahrzeugkonzept sei.
Ein labiles Wankverhalten wird erreicht, in dem man das Gewicht der Lokomotive auf einem schmalen Innenrahmen abstützt und den Massenschwerpunkt des Fahrzeuges künstlich erhöht. Zu diesem Zweck werden schwere Komponenten wie Fahrmotoren, Transformator und Hilfsbetriebe möglichst hoch im Maschinenraum der Lokomotive platziert. Durch schlechte Gleislage verursachte seitliche Stösse auf den Radsatz werden mit dieser Massnahme tatsächlich wirkungsvoll gedämpft.

Als kurze Zeit später ein Wettlauf um höhere Fahrgeschwindigkeiten einsetzte, erkannten Lokomotivkonstrukteure aber sehr rasch, dass sich die Problematik des Rad-Schienenverschleisses nicht mit diesem simplen Trick lösen lässt, da bei hohen Fahrgeschwindigkeiten eine ungenügende Wankstabilität gefährliche Schlingerbewegungen begünstigt. Bei Hauptbahnen mit Reisegeschwindigkeiten bis weit über 120 km/h mussten deshalb geeignete Fahrwerkstechnologien wie Dreh- oder Helmholtzgestelle erarbeitet werden, welche ein gleisschonendes Fahren bei gleichzeitig tiefer Schwerpunktlage ermöglichen.
Bei langsam fahrenden Schmalspurbahnen konnte sich die Philosophie des labilen Wankverhaltens noch für einige Zeit halten, da damals der Gesetzgeber die zulässige Maximalgeschwindigkeit z.B. für Meterspurfahrzeuge generell auf 45 km/h begrenzte - ein Limit, welches weder «wackelige» Fahrwerke mit hohem Massenschwerpunkt, noch den veralteten Stangenantrieb an ihre physikalischen Grenzen brachte!

Die Drehgestelltechnik profitiert von zwei überragenden Vorteilen:

Um das Jahr 1910 konnte mit in Drehgestellen implementierten Einzelachsantrieben bereits ein Leistungsprogramm von bis zu 250 PS und 25 kN Zugkraft pro Achse realisiert werden.
Aufgrund der beschränkten Platzverhältnisse und oftmals auch aufgrund der Verwendung von Gleichspannung reduzierten sich diese Leistungsdaten bei Schmalspurfahrzeugen auf etwa 80 PS und 15 kN.

Das für die Ge 2/4 vorgesehene Leistungs-programm von 300 PS und 28 kN Zugkraft hätte sich also auch mit einem modernen Triebwagenkonzept z.B. nach dem Vorbild der Ce 4/4 der Bern-Lötschberg-Simplon Bahn BLS realisieren lassen.
Als erste Hauptbahnbetreiberin in der Schweiz dokumentierte die BLS bereits 1910, dass als Folge der Drehgestelltechnik bei den 780er-Triebwagen gegenüber anderen Fahrzeugen keine negativen Auswirkungen bezüglich dem Rad-Schienenverschleiss zu verzeichnen sind - und dies trotz tiefer Schwerpunktlage und grossem ungefederten Massenanteil der halbseitig direkt auf den Achsen sitzenden Tatzlagerantriebe!

Auch die Bayerische Staatsbahn setzte ab 1914 auf den Berchtesgadener Rampen laufachslose Drehgestell-Güterzugslokomotiven der Achs-folge Bo'Bo' mit grossem Erfolg ein. In vergleichbaren topographischen Verhältnissen werden dort Steigungen bis 40 ‰ bewältigt.

Die EG 4 x 1/1 (später DRG E 73) wurden von den Firmen Krauss & Comp. in München und Bergmann-Elektrizitätswerke AG in Berlin gebaut und mit 15'000 Volt, 16 ²/3 Hz betrieben. Die Loks verfügten über Einzelachs-Tatzlagerantriebe und Reihenschlussmotoren.

Transformierbarer Wechselstrom lässt sich wirtschaftlicher übertragung und umformen als Gleichstrom. Deshalb wollten Bahngesellschaften mehrheitlich nicht auf eine Energieversorgung mit Wechselstrom verzichten.
Dagegen bereitete der Bau von wechselstromtauglichen Elektromotoren grosse Schwierigkeiten: Gleichstrommotoren funktionierte mit Wechselstrom nur bis zu einer Abgabeleistung von etwa 50 kW. Im höheren Leistungsbereich vereitelte die Hysterese - die Trägheit beim Auf- und Abbau der ständig wechselnden Magnetfelder - einen erfolgreichen Betrieb.

50 kW sind für einen Bahnmotor natürlich viel zu wenig, weshalb viele Eisenbahngesellschaften den Kompromiss suchten: Trotz massiver Wirkungsgradeinbussen beim Transformieren der Spannung reduzierten sie die übliche Netzfrequenz des öffentlichen Versorgungsnetzes von 50 Hz auf ein Drittel. So etablierte sich bei den Pionieren der elektrischen Traktionstechnik 16 2/3 Hz als Basisfrequenz für die Stromversorgung.
Die tiefe Frequenz verlagerte aber die Probleme der mit Wechselstrom betriebenen Gleichstrommotoren lediglich in einen höheren Leistungsbereich, weshalb schlussendlich trotzdem geeignete Wechselstrommotoren entwickelt werden mussten!

Reihenschlussmotoren sind eigentlich spannungsgesteuerte Gleichstrommotoren, welche von Anfang an bis zu einer mechanischen Abgabeleistung von 50 kW auch mit Wechselstrom betrieben wurden. Im höheren Leistungsbereich bereiteten Reihenschlussmotoren im Betrieb mit Wechselstrom wegen der verstärkten Verschiebung der elektromagnetisch neutralen Zone durch das Ankerquerfeld und der Feldverzerrung im Bereich der Statorhauptpole noch erhebliches Kopfzerbrechen.

Selbst Pioniere der Wechselstromtechnik wie die Maschinenfabrik Oerlikon MFO mit dem Versuchsbetrieb auf der Strecke Seebach-Wettingen oder die damalige Berner Alpenbahngesellschaft (BLS) hatten zu jener Zeit noch stark mit den Tücken dieser Fahrmotorgattung zu kämpfen: Der Wirkungsgrad von Einphasen-Wechselstrom-Bahnmotoren lag damals noch durchschnittlich bei bescheidenen 77 %; hinzu kamen die Verluste bei der Stromerzeugung, Energieübertragung und Energieumformung. Und hervorgerufen durch falsche Nutengeometrien in den Rotoren störten die Fahrmotoren in Abhängigkeit der jeweiligen Drehzahl das ebenfalls im Entstehen begriffene Telefonnetz empfindlich. Dieser Umstand war von grosser Tragweite, da die bis zu diesem Zeitpunkt installierten überregionalen Telefonleitungen grösstenteils entlang des bestehenden Schienennetzes verlegt wurden.
Steigende Leistungsaufnahme und zunehmende Drehzahl der Motoren verstärkten diese Probleme. Und so stiessen schnelllaufende, in Drehgestelle implementierte Wechselstrommotoren auch auf erhebliche Kritik. Deshalb setzte man vor allem bei leistungsstarken Wechselstromlokomotiven noch viele Jahre weiterhin auf langsam laufende Grossmotoren, welche im Maschinenraum untergebracht wurden und deren Kraft mit Hilfe von Getriebe und Kuppelstangen auf die im starren Rahmen gelagerten Antriebsachsen übertragen wurden.

Repulsionsmotoren sind im Prinzip Reihenschlussmotoren, deren Statorwicklung mit konstanter Wechselspannung versorgt werden. Das am Stator aufgebaute Magnetfeld induziert eine Spannung in die Rotorwicklung, welche über den in der neutralen Stellung befindlichen Kollektor kurzgeschlossen wird. Wird die Bürstenbrücke des Kollektors aus der neutralen Zone verschoben, so verzerrt sich entsprechend das Magnetfeld in der Rotorwicklung. Da sich das Magnetfeld des Rotors wieder in die Achse des Statorfeldes zurück verschieben möchte, entsteht ein Drehmoment, welches den Rotor bewegt. Drehrichtung und Drehgeschwindigkeit werden beim Repulsionsmotor somit lediglich mit dem Verschieben der Bürstenbrücke bestimmt. Damit entfällt beim Repulsionsmotor der gesamte komplexe elektromechanische Aufbau für die Drehrichtungsvorwahl und die Drehzahlregulierung mit Hilfe je eines Wende- und Stufenschalters.
Der geringe Schaltungsaufwand bedeutet aber auch den Verzicht auf einen generatorischen Betrieb, weshalb mit Repulsionsmotoren ausgerüstete Elektrolokomotiven über keine elektrische Ergänzungsbremse verfügen.

Ebenfalls wirkt sich beim Repulsionsmotor nachteilig aus, dass gerade beim Bewegen der Bürstenbrücke aus der neutralen Zone noch annähernd mit einem Kurzschlussstrom gearbeitet wird. Beim Anfahren der Motoren schnellt desshalb die Stromaufnahme kurzfristig auf etwa 120 % des zulässigen maximalen Motorenstroms hoch, obwohl der Motor erst wenig Drehmoment entwickelt. Entsprechend leiden Repulsionsmotoren beim Anfahren unter einen katastrophalen Wirkungsgrad und bewirken im Versorgungsnetzt eine ausserordentlich hohe Phasenverschiebung, welche mit kapazitiven Widerständen (Kondensatoren) in den Elektrizitätsunterwerken kompensiert werden muss. Zudem sorgen die hohen Ströme über dem Kollektor für erhebliches Bürstenfeuer und somit für einen hohen elektroabrasiven Verschleiss.
Ferner ist die maximale Klemmenspannung der Motoren mit 950 Volt rund 1,5 mal höher als bei Reihenschlussmotoren und bleibt konstant hoch, was im Betrieb zu verhältnismässig vielen Isolierstörungen in den Motorenwicklungspacketen führte.

Die beiden Wiener Ingenieure Gabriel Winter und Friedrich Eichberg versuchten die Vorteile der Repulsionsmotoren und der Reihenschlussmotoren in einem einzigen Motorenkonzept zu vereinen. Winter-Eichberg-Motoren starten als Repulsionsmotoren stossfrei und mit hohem Drehmoment. Nach dem Erreichen einer bestimmten Drehzahl wird der Betriebsmodus in ein reihenschlussmotorähnliches System umgeschaltet.
Nebst aller Vorteile vereinen Winter-Eichberg-Motoren natürlich auch alle Nachteile der beiden Motorensysteme, weshalb sie sich am Markt nicht durchsetzen konnten.

Anfänglich zeichneten sich sowohl der Reihenschlussmotor, als auch der Repulsionsmotor durch einen schlechten Wirkungsgrad und einen teuren Kollektorunterhalt aus: Während Reihenschlussmotoren zusätzlich einen kostspieligen Schaltungsaufwand erforderten und gleichzeitig das Telefonnetz störten, verursachten Repulsionsmotor den Elektrizitätswerken erhebliche Schwierigkeiten, eine konstante Qualität in der Energieversorgung zu gewährleisten. Und so war es bei der Wahl der elektrotechnischen Ausrüstung der Lokomotiven in erster Linie eine Frage der persönlichen Preferenzen der verantwortlichen Techniker, sich für das eine oder andere «Übel» zu entscheiden. Entsprechend buhlte die Industrie mit Ihren Produkten um die Gunst der Käufer!

Letztendlich war es ein lizenzrechtliches Problem, dass die Firma Brown Boveri & Cie BBC ausschliesslich mit dem Repulsionsmotor am Markt auftrat, während die Maschinenfabrik Oerlikon MFO als Pionierin im Elektromaschinenbau den Reihenschlussmotor vermarktete. Und schliesslich war es die MFO, welche sich ab 1909 dank den jüngsten Entwicklungen Ihres Ingenieurs Behn-Eschenburg, die entscheidenden Marktvorteile sichern konnte: Behn-Eschenburg gelang es, mit Hilfe von optimierten Wendepol- und Kompensationswicklungen sowie einer geeigneten Nutengeometrie, Reihenschlussmotoren mit Wechselstrom in vergleichbarer Qualität wie mit Gleichstrom zu betreiben.

Nun bäumte sich die Konkurrenz ein letztes Mal auf und versuchte mit entsprechenden Gegenvorschlägen die nun deutlich unterlegenen Repulsionsmotoren trotzdem zu vermarkten: 1909 bis 1912 musste aber sowohl die BBC mit der für die französische «Chemins de fer du Midi» bestimmten Versuchslok E.3301, als auch die AEG mit der für die BLS vorgesehenen Fb 2 x 2/3 Nr. 101 empfindliche Rückschläge mit nach dem Repulsionsmotorenprinzip funktionierenden Bahnmotoren hinnehmen: Weder die «Chemins de fer du Midi», noch die BLS waren nach Abschluss der Testphase bereit, die jeweilige Versuchslokomotive in ihren Bestand zu integrieren. Beide Prototypen wurden an die Herstellerfirmen zurück gegeben.

Als die Rhätische Bahn 1911 eine ganze Serie von sieben elektrischen Kleinlokomotiven bestellte, waren die schlechten Erfahrungen mit Repulsionsmotoren bereits hinreichend bekannt und leistungsfähige schnelllaufende Reihenschlussmotoren in kleiner Baugrösse standen zur Verfügung.
Weshalb die Rhätische Bahn vor diesem Hintergrund einer konservativen Einrahmenlok mit hohem Massenschwerpunkt und Grossmotor gegenüber einem möglichen Fahrzeugkonzept mit Drehgestellen den Vorzug gab, lässt sich aus technischer Sicht nicht mehr nachvollziehen.

Dass die RhB entgegen der Bernina-Bahn-Gesellschaft auf ein Triebwagenkonzept verzichtete, begründete sie mit

Für die Verwendung eines Repulsionsmotors sprachen das hohe Anfahrdrehmoment und die ausgezeichnete Regulierbarkeit der Drehzahl. Zudem weckte der minimale elektrische Schaltungsaufwand sowie der Verzicht auf ein Vorschaltgetriebe Hoffnungen auf einen günstigen Kaufpreis und wenig Unterhaltskosten.
Bei einem Fahrzeugkonzept einer Kleinlokomotive mit hochliegendem Grossmotor drängte sich damals der Repulsionsmotor aber auch deshalb auf, weil im winzigen Maschinenraum der zusätzlich erforderliche Platz für einen Stufen- und einen Wendeschalter sowie für einen geeigneten Transformator mit vielen Spannungsabgriffen schlicht nicht mehr zur Verfügung stand.

Dass der Grossmotor das Verwenden von modernen Drehgestellen ausschliesst, war im Falle der Ge 2/4 nicht von Bedeutung:
Die geforderten 28 kN Zugkraft können auch mit nur zwei angetriebenen Achsen problemlos auf die Schienen übertragen werden: Der feste Radstand von lediglich 2'600 mm verleiht den Loks sozusagen «Drehgestellcharakter», was sich in Kombination mit dem hohen Massenschwerpunkt und den beiden Laufachsen in einem ausserordentlich ruhigen und verschleissarmen Betrieb bemerkbar machte. Und bei einer Spitzengeschwindigkeit von lediglich 45 km/h haben weder der hohe Massenschwerpunkt, noch der Stangenantrieb eine nachteilige Wirkung. So störte sich damals kaum jemand daran, dass der mechanische Aufbau der Ge 2/4 keine Pionierleistung war, welche die Grenzen des damals Machbaren auslotete. Viel mehr war die verwendete Technik ein überbleibsel aus der altbewährten Dampflokzeit, welche die in sie gesetzten ursprünglichen Erwartungen vollumfänglich befriedigte.

Das Fahrzeugkonzept der Ge 2/4 trägt auch dem Beschaffungswunsch eines universellen und einheitlichen Lokomotivkonzeptes Rechnung, welches erhebliche Einsparungen bezüglich Entwicklungs-, Bau- und Unterhaltskosten des gesamten Fahrzeugbestandes versprach:
Die zeitgleich entwickelten, teilweise fast dreimal so starken Ge 4/6-Lokomotiven stellten bis auf wenige mechanische Unterschiede und eine meist differierende elektrische Ausrüstungen lediglich verlängerte Bauvarianten der Ge 2/4 dar. Die schmalspurige Ge 4/6 hätten damals aufgrund ihrer Leistung von bis zu 900 PS noch nicht als Drehgestelllokomotive mit Einzelachsantrieb aufgebaut werden können.

Der mechanische Teil der Lokomotiven fertigte die Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM in Winterthur, der elektrische Teil lieferte die Brown Boveri & Cie. BBC in Baden.

Häufig ist in der Literatur zu lesen, dass aufgrund der geringen Leistung die Ge 2/4 den Erwartungen nicht entsprochen haben sollen. Diese Aussage täuscht aber darüber hinweg, dass die Lokomotiven ihre Leistungsvorgaben aus dem Pflichtenheft jederzeit erfüllten! Letzteres sah vor, dass die Lokomotiven auf den 25‰-Steigungen von Scuol nach St. Moritz ein Zugsgewicht von 90 t mit einer Geschwindigkeit von 28 km/h zu befördern hätten. Auf Horizontalfahrt sollte dieselbe Anhängelast auf die damals für Schmalspurbahnen gesetzlich zulässige Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h beschleunigt werden können.

Dass die Ge 2/4 schon unmittelbar nach ihrer Inbetriebsetzung als zu schwach bewertet wurden, hängt damit zusammen, dass die Rhätische Bahn bei der Definition des Pflichtenheftes noch über keine Erfahrung bezüglich dem zu erwartenden Verkehrsaufkommen auf den neu gebauten Engadiner Linien verfügte und die unsicheren politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen jener Zeit eine halbwegs zuverlässige Verkehrsplanung verunmöglichten. In der Folge führte dies zu einer Fehlbewertung des geforderten Leistungskataloges. Auf dieser Basis wurden Lokomotiven mit einer Leistung von lediglich 300 PS beim Hersteller bestellt - und von diesem auch so geliefert!
Praktisch zeitgleich zur Inbetriebsetzung der Ge 2/4 führte dieser Umstand zur sofortigen Nachbeschaffung weiterer Einheiten der grösseren Schwesterlokomotiven Ge 4/6.

Wegen der für andere Zwecke ungenügenden Leistung verwendete man nun die Ge 2/4 oft für den Rangierdienst, obwohl gerade die Repulsionsmotoren wegen der ungünstigen Energiebilanz beim Anfahren dafür äusserst ungeeignet waren.

Neben ihrer technologisch bedingten Mängeln entpuppten sich die Repulsionsmotoren als die unterhaltsintensivsten und störungsanfälligsten Komponenten der Fahrzeuge: Bereits in den ersten Betriebsjahren hatte die Rhätische Bahn aufgrund ungenügender Wicklungsisolationen häufig Betriebsausfälle zu beklagen.
Da die RhB damals noch über keine eigene Motorenwicklerei verfügte, musste jegliche Unterhaltsarbeiten an den Fahrmotoren extern bei der Herstellerfirma durchgeführt werden. Weil auch keine Reservemotoren zur Verfügung standen, waren die Lokomotiven z.T. wegen einfachen Ausbesserungsarbeiten oft monatelang ausser Dienst. In den verkehrsarmen Kriegsjahren von 1914 bis 1918 hatte dies keine grosse Bedeutung. Mit der weiteren Ausdehnung der Elektrifikation hielt man es dann aber doch für angezeigt, in der Hauptwerkstätte eine eigene Motorenwicklerei einzurichten. So ist die RhB seit 1920 in der Lage, Reparaturen an den Fahrmotoren in den eigenen Werkstätten durchzuführen.

Um die Isolationsverhältnisse der Repulsionsmotoren zu verbessern, behandelte man die Wicklungen anlässlich einer Ausbesserung, wie auch im Rahmen einer Hauptuntersuchungen möglichst gründlich: Durch die Wicklungen wurde jeweils unter Druck ein Benzin-Isolierlack-Gemisch gespritzt. Anschliessend erfolgte ein Trocknungsprozess im Ofen. Durch diese Behandlungen gelang es, eine Verbesserung der Isolation zu erreichen.

Die Ausführung der Repulsionsmotoren in der BBC/Déri-Bauart mit zwei Kollektoren erwies sich als Nachteil: Trotz sorgfältiger Bürsteneinstellung war es praktisch nicht möglich, eine beidseitig gleichmässige Stromaufnahme auf längere Dauer zu erreichen. Zudem schlug der Bürstenverschleiss mit ca. 12 % der gesamten Lokomotivunterhaltskosten zu Buche. Der verschleissbedingt entstehende Kohlenstaub war nicht nur für die Lokomotive, sondern auch für das mitfahrende Lokpersonal schädlich: Einer Anekdote zufolge wurde die Verdunkelung der Loklaternen während der Kriegsjahre zur Farce, war doch die enttarnende Lichtquelle der Lokomotiven das Bürstenfeuer der Kollektoren im Maschinenraum, deren 96 Kontaktbürsten oft nicht einen einzigen Arbeitstag überdauerten und vom Lokführer in Unterwegsstationen ausgetauscht werden mussten.

Während der ersten Betriebsjahre hatte man die Kollektoren in verhältnismässig kurzen Zeitabständen geschliffen oder abgedreht, was ihre Lebensdauer natürlich ungünstig beeinflusste. Seit man aber die geeignete Kohlensorte gefunden hatte, geschah dies in weit grösseren Abständen.
Im Jahre 1933 beschaffte man erstmals für den Fahrmotor der Lokomotive Nr. 204 neue Kommutatoren. Der Motor wurde neu gewickelt und nur noch mit einem Kollektorensatz ausgerüstet. Auf gleiche Weise erneuerte man im Jahre 1936 auch den Motor der Lokomotive Nr. 207.

Die BBC-Repulsionsmotoren in den RhB-Lokomotiven arbeiteten ursprünglich alle mit zwei Kommutatoren. Im Gegensatz zum Déri-Prinzip bewegten sich aber (mindestens seit den 30er-Jahren) beide Bürstenbrücken synchron. Trotz intensiver Recherchen konnte bis anhin leider noch nicht festgestellt werden, ob dies dem Ablieferungszustand von 1913 entspricht oder die Folge eines Umbaus ist. Es ist denkbar, dass die Motorenbezeichnung «BBC/Déri» ein Markennamen für grosse, aber schaltungstechnisch gewöhnliche Repulsionsmotoren mit teilweise doppelt vorhandenen, synchron verschobenen Bürstenbrücken gewesen war. Aufgrund des zeitgenössisch renommierten Namens von Ing. Miksa Déri könnte sich die BBC mit dieser Namensgebung bessere Vermarktungschancen versprochen haben. Dieser Umstand würde aber bedeuten, dass zumindest die in der Schweiz eingesetzten BBC-Repulsions-Bahnmotoren im Volksmund zu Unrecht als «Déri-Motoren» bezeichnet werden. (Anmerkung des Autors)

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts verrichteten bereits erste gleichstrombetriebene Trambahnen vorwiegend im städtischen Lokalbahnbereich ihren Dienst. Für das Betreiben langer Eisenbahnstrecken mit hohem Leistungsbedarf war Gleichstrom jedoch nur bedingt geeignet.

Einphasen-Wechselstrom - wie er heute in jedem Haushalt verwendet wird - versprach zwar bereits damals viele Vorteile vor allem in Bezug auf die wirtschaftliche Energieübertragung. Allerdings fehlte noch eine geeignete Motorentechnologie für die bei Eisenbahnen erforderliche Leistungsklasse.

Weltweit einer der ersten brauchbaren Lösungsvorschläge im Einphasen-Wechsel-strombereich war der ursprünglich von der Maschinenfabrik Oerlikon entwickelte Repulsionsmotor, welcher wenige Jahre später von der Firma Brown Boveri & Cie unter dem bekannten Markennamen «BBC-Déri-Motor» als Antriebsaggregat für Elektrolokomotiven vermarktet wurde.

Trotz vieler Vorteile bei der Drehzahlsteuerung fand dieser Motorentyp im Lokomotivbau nie die Gunst der Käufer und kam dort kaum über den Probebetrieb hinaus: Noch vor seiner erfolgreichen Lancierung wurde der Repulsionsmotor vom etwas später entwickelten energieeffizienteren Seriemotor vom Markt verdrängt.
Lediglich die Rhätische Bahn beschaffte 1913 eine ganze Serie von sieben mit Repulsionsmotoren ausgerüsteten Lokomotiven, wovon heute noch zwei Exemplare weitgehend im Originalzustand erhalten geblieben sind. Davon ist die Ge 2/4 Nr. 205 das einzige bekannte Schienenfahrzeug, welches noch über ein entsprechendes funktionstüchtiges Antriebsaggregat verfügt. Die Lok repräsentiert damit als vermutlich weltweit letzte verbliebene Einheit einen damals ernstzunehmenden Vorschlag der Industrie für eine elektrische Traktionstechnik im Eisenbahnbau. Als Industriekulturgut geniesst sie deshalb grossen historischen Wert.

Die Inbetriebsetzung der Ge 2/4 Nr. 205 erfolgte am 13. Mai 1913. Sie war nach ihren Schwestern, den Ge 2/4 Nr. 201 - 204 und den Ge 4/6 Nr. 351 - 352, die siebte Elektro- lokomotive, welche bei der Rhätischen Bahn zum Einsatz kam.

Am 18. Oktober 1920 stiess die Lokomotive in St. Moritz mit einer abgestossenen Wagengruppe zusammen. Dabei wurde sie umgeworfen und stark beschädigt.
Die damals zur Diskussion stehende Einführung der einmännigen Bedienung veranlasste die Direktion der RhB, die Lok Nr. 205 im Rahmen der Reparaturarbeiten versuchsweise mit Stirnwandtüren auszurüsten: Im Falle von Unregelmässigkeiten sollte so dem Zugspersonal ein einfacherer Zutritt zur Lokomotive ermöglicht werden, um mit dem Lokomotivführer zu kommunizieren.
Seit dem 31. Mai 1921 stand die reparierte Ge 2/4 Nr. 205 mit ihrem neuen Antlitz wieder im Einsatz. Obwohl keine weiteren Schwesterlokomotiven mit Stirnwandtüren nachgerüstet wurden, behielt sie ihr individuelles äusseres Erscheinungsbild bis zum heutigen Tage bei.

Im Jahre 1968 tauschte die Lok Nr. 205 ihr Antriebsaggregat gegen einen der beiden Fahrmotoren der wenig gebrauchten und mittlerweile ausrangierten Ge 4/6 Nr. 301 ein.

Nach 60-jähriger Dienstzeit und mehr als 1,2 Millionen gefahrenen Kilometern leistete die Ge 2/4 Nr. 205 im Sommer des Jahres 1973 ihre letzten offiziellen Einsätze im Fahrzeugbestand der Rhätischen Bahn. Frisch revidiert verabschiedete sie sich 1974 von Graubünden mit einer Nostalgie-Extrafahrt, um anschliessend auf dem Areal der «Zürcher Hochschule Winterthur» als Denkmallokomotive aufgestellt zu werden. Entsprechend uneinheitlich ist in der Fachliteratur das Jahr der Ausserbetriebsetzung sowohl mit 1973, als auch mit 1974 datiert.

1974 feierte die heutige Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW ihr 100-jähriges Bestehen. Zu diesem Anlass beabsichtigte der Verein «Ehemalige des Technikums Winterthur ETW» und das «Kartell der Altherren-Verbände des Technikums Winterthur KAHV» der Ausbildungsstätte ein würdiges Jubiläumsgeschenk mit Denkmalcharakter zu überreichen.

Ursprünglich sollte ein repräsentativer Brunnen kommende Generationen an das langjährige Bestehen des Technikums erinnern. Der finanzielle Aufwand sprengte aber die damaligen Budgetvorstellungen beträchtlich. Deshalb wurde das Projekt nicht mehr weiter verfolgt.

Bereits aus einer Korrespondenz von 1972 zwischen Prof. E. Schneider-Weber und der Rhätischen Bahn ging hervor, dass nach den zu erwartenden Ausrangierungen von alten Elektrolokomotiven Interesse an der übernahme eines Exemplares durch das Technikum in Winterthur besteht. Nach dem Scheitern des «Brunnen-Projektes» beschloss der Vorstand des ETW am 28. November 1973 diese Idee wieder aufzunehmen und der Hochschule zum Wiegenfest eine solche Lok zu schenken. In einem auf den 22. Januar 1974 datierten Brief bat der Präsident des ETW, Herr U. Matta, die Direktion der Rhätischen Bahn eine der stillgelegten Lokomotiven Ge 2/4 Nr. 205 oder Nr. 207 den Winterthurer Vereinen zu veräussern.

Unter Würdigung der Tatsache, dass auch verschiedene Absolventen des Technikums in Winterthur bei der Rhätischen Bahn tätig sind, überliess die RhB den Vereinen ETW und KAHV die Lok Nr. 205 kostenlos. Frisch revidiert wurde die Lokomotive nach ihrer Abschiedsfahrt auf dem Netz der Rhätischen Bahn am 14. September 1974 dem Verein ETW in Landquart übergeben, worauf sie am 24. desselben Monats Ihre Reise nach Winterthur antrat.

In einer kleinen offiziellen Feier konnte die Ge 2/4 Nr. 205 am 9. November 1974 dem damaligen Technikums-Direktor, Prof. B. Widmer, als betriebsfähige Denkmal-Lokomotive übergeben werden.

Die Lok fristete fortan ihr Dasein nicht nur als «Tote Materie» auf einem Denkmalsockel: Vielmehr konnte sie von ihren Gästen in Betrieb erlebt werden. Ein speziell zu diesen Zweck errichteter Rollenstand ermöglichte das «Treten vor Ort». Der Energieversorgung nahmen sich Studenten an, die mit dieser Herausforderung als Diplomarbeit ihr Studium am «Technikum» abschlossen.

Mit der Annahme des Jubiläumsgeschenkes verpflichtete sich das «Technikum» die historische Lokomotive während den folgenden 30 Jahren zu betreuen und zu betreiben - eine Herausforderung, welche die heutige «Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW» in Zusammenarbeit mit dem «InBahn-Team» unter der Leitung von Herrn Dr. Hans-Peter Bärtschi (ARIAS Industriekultur) vorbildlich wahrgenommen hat!

Die wirtschaftspolitische Situation hat sich in Winterthur in den vergangenen Jahrzehnten nachhaltig verändert: Mit dem Verschwinden der «Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM» und weiterer namhafter Vertreter der Elektroindustrie verlor die «Lok 205» ihren Stellenwert als Symbolträgerin für den leistungsfähigen Wirtschaftsstandort. Mit ihrer verbliebenen Bedeutung als historisches Erbe der Eisenbahngeschichte ist das Fahrzeug an einer modernen Ausbildungsstätte - welche sich auch in der öffentlichkeit als zukunftsorientierte Hochschule präsentiert - nicht mehr optimal positioniert. In Anerkennung des musealen Wertes der Lokomotive unterstützt die Hochschulleitung die Suche nach einem neuen, passenden Umfeld für das Exponat.
Der Abtransport der alten «Tech-Lok» hat aber vor allem auch wirtschaftliche Gründe: Stets wiederkehrende witterungsbedingte Schäden und Folgekosten in sechsstelliger Grössenordnung für deren Reparatur drängen die Investition in einen trockenen Lokomotivunterstand auf. Die benötigten baulichen Veränderungen lassen sich aufgrund der Bedürfnisse des Schulbetriebes auf dem Areal der ZHAW nicht realisieren.

Im Jahre 2000 trafen die ehemaligen Initianten der Denkmallokomotive in Winterthur, der Verein «Ehemalige des Technikums Winterthur ETW» und das «Kartell der Altherren-Verbände des Technikums Winterthur KAHV», die Schulleitung der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW und die Bündner Vereine «Club 1889» und «Verein Bahnhistorisches Museum Bergün» eine Vereinbarung, wonach der «Club 1889» die Lok übernehmen und für eine Wiederinbetriebnahme auf einem Rollenstand im damals noch geplanten Bahnhistorischen Museum in Bergün herrichten sollte. Im Unterschied zum Ausstellungskonzept in Winterthur sollte die Lokomotive künftig an einem witterungsgeschützten Ort aufgestellt werden.

Leider wurden die notwendigen Abklärungen zur Projektkostenentwicklung und zum Energiebedarf erst nach der Vertragsunterzeichnung gemacht: Nachdem bekannt wurde, dass eine Rückführung und eine Wiederinbetriebnahme der Lokomotive auf einem Rollenstand mehrere hunderttausend Franken kosten würde, verloren die Bündner Vereine trotz ihrer vertraglichen Verpflichtung rasch das Interesse am Projekt.

Als im Jahre 2007 die Zürcher Hochschule auf den Abtransport der Lokomotive drängte, waren es wenige Enthusiasten, welche die Lok vor der sicheren Verschrottung bewahrten und nach Arth-Goldau in die Zentralschweiz transportierten. Dort wurden die Innereien der Lokomotive ausgebaut, fortlaufend auf private Kosten revidiert und konserviert, während das Lokgehäuse mit dem Grossmotor im Freien auf eine nach wie vor ungewisse Zukunft wartet.

Der museale Wert der «Lok 205» basiert primär auf der Funktionstüchtigkeit ihrer äusserst seltenen elektromechanischen Ausrüstung. Aus denkmalpflegerischer Sicht geniesst deshalb der Erhalt der Funktionstüchtigkeit eine sehr hohe Priorität - zumal eine nicht mehr funktionsfähige Schwesterlokomotive bereits im Verkehrshaus der Schweiz VHS in Luzern ausgestellt wird.

Die vergangenen zehn Jahre haben gezeigt, dass kein öffentliches Interesse an der Realisation einer funktionierenden Lok auf einem Rollenstand besteht: Die Baukosten für einen Rollenstand, die laufenden Unterhaltskosten für den Betrieb und die Energiezufuhr ab Ortsnetz sind zu teuer. Ferner ist ausserhalb von grösseren Agglomerationen längst nicht jedes Ortsnetz in der Lage, die für den Betrieb auf dem Rollenstand erforderliche Scheinleistung von 120 kVA zu erbringen.

Um die Investitionen in eine betriebsfähige Ge 2/4 Nr. 205 zu rechtfertigen, muss diese aus eigener Kraft fahren und ihre laufenden Betriebskosten mit Billeteinnahmen selber erwirtschaften. Die Energieeinspeisung soll deshalb künftig nicht mehr wie am «Technikum» in Winterthur über das 400 Volt- Ortsnetz, sondern wieder über die Fahrleitung erfolgen.
Eine lokeigene Einrichtung zur Energieaufbereitung ist derzeit aber nicht mehr vorhanden: Als Denkmallokomotive in Winterthur wurde der «Lok 205» der eingebaute Transformator entfernt. Ein baugleicher Ersatztransformator würde der Lokomotive allerdings nicht mehr dienen, denn unter modernen Rahmenbedingungen kann der Repulsionsmotor im ursprünglichen Sinne nicht mehr betrieben werden:

Anstelle des ursprünglichen, galvanisch nicht getrennten Auto-Transformators muss neu ein Gleichstrom-Zwischenkreis mit einem Einphasen-Wechselrichter und intelligenter Sekundärspannungsregelung installiert werden, welcher

(Letztere Massnahme dient der Simulation des ehemals instabilen Energieversorgungsnetzes.)

Das Vorgehen wird grundsätzlich in zwei Projektphasen unterteilt:

Sollten sich im Rahmen des Vorprojektes die Projektziele als unrealistisch erweisen, so kann auf ein ebenfalls erstrebenswertes Alternativprojekt zurückgegriffen werden.

Das Vorprojekt klärt grundsätzlich die technische und die wirtschaftliche Realisierbarkeit der Projektziele ab. Die beiden wesentlichen Aufgabengebiete sollen in zwei Projektstudien aufgeteilt werden:

Neben den technischen und wirtschaftlichen Machbarkeitsanalysen sind auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen für verschiedene allfällige Einsatzgebiete der betriebsfähigen Lokomotive zu untersucht und zu bewertet. (Siehe «Gesetzliche Aspekte»)

Die Vorprojektstudien werden als Diplomarbeiten an einer Fachhochschule positioniert.
Da die wirtschaftliche Machbarkeitsstudie auf der technischen Machbarkeitsstudie aufbaut, sind zwei Diplomperioden als zeitlicher Horizont erforderlich. Die Resultate der Vorprojektstudien sind deshalb frühestens zum Jahresende 2015 zu erwarten.

Erst wenn die beiden Vorprojektstudien einen positiven Projektabschluss vermuten lassen, erfolgt die eigentliche Projektarbeit in Form

Auf der Detailplanung basiert

Nach der Sicherstellung der Projektfinanzierung erfolgt die Realisation.

Sollte eine Wiederinbetriebnahme der Lokomotive aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen scheitern, so ist eine weitere Verwendung der Lokomotive als Standobjekt in einem Museum sehr wünschenswert.

Unabhängig der künftigen Verwendung der Lokomotive werden seit einiger Zeit Hilfsbetriebe, Kontroll- und Messeinrichtungen sowie bewegliche mechanische Komponenten soweit als möglich aus der Lokomotive ausgebaut, revidiert und konserviert. Sobald die künftige Zweckbestimmung für die Lokomotive bekannt ist, wird auch die Lokomotivkarosserie entrostet, gereinigt und neu lackiert. Anschliessend werden sämtliche revidierten Komponenten zur Vervollständigung des Fahrzeuges wieder eingebaut.

Auch wenn die Lokomotive nicht mehr funktionstüchtig hergerichtet werden sollte, so würde auf diese Weise die Inneneinrichtung trotzdem in tadellosem mechanischen Zustand der Nachwelt erhalten bleiben.

Die funktionierende Lokomotive muss betriebswirtschaftlich sinnvoll eingesetzt werden können.

Ein sinnvoller Einsatz bedeutet, dass

Entgegen der wirtschaftlichen Interessen wird aber auch der Schonung der historischen Substanz Rechnung getragen: Zur Entlastung des Repulsionsmotors soll die ursprüngliche Lokomotivleistung um 10 % auf 200 kW (270 PS) gedrosselt und die maximale Stundenzugkraft von 30 kN bei 25 km/h in etwa beibehalten werden. Mit diesen neuen Leistungsdaten ist es möglich, einen 35 Tonnen schweren Wagenzug mit einer Geschwindigkeit von etwa 25 km/h auf einer Steigung von 35 ‰ zu befördern.

Mit einer Leistung von 200 kW und einer Dauerzugkraft von 30 kN bei 25 km/h kann die «Lok 205» auf der Albulastrecke einen sechsachsigen Personenzug ziehen, welcher etwa 80 Fahrgästen bequem Platz bietet, ohne dabei die fahrplanmässig verkehrenden Regelzüge zu behindern.

Fahrzeugbezeichnung«Lok 205»A 1102B 2060C 2012Total
Fahrzeuggewicht Brutto37 t12,07 t12,14 t11 t72,21 t
Sitzplatzangebot-24 Pl44 Pl40 Pl108 Pl
Komfortoptimiertes Sitzplatzangebot (ca. 80 %)-19 Pl35 Pl32 Pl86 Pl

Eine Lokomotive darf nur eingesetzt werden, wenn sie verschiedenen Vorschriften gerecht wird, welche durch den Gesetzgeber und durch die jeweilige Infrastrukturbetreiberin erlassen werden. Moderne Vorschriften für Neufahrzeuge können von historischen Lokomotiven oft nicht erfüllt werden, weshalb sie für den Betrieb individuelle Sonderbewilligungen benötigen.
Die Bremsausrüstung der «Lok 205» erfüllt die Auflagen moderner Vorschriften nicht: Der Repulsionsmotor lässt keinen generatorischen Betrieb zu. Die Lokomotive verfügt somit über keine elektrische Ergänzungsbremse. Sie bremst ausschliesslich mit Hilfe einer mechanischen Klotzbremse, welche bei falscher Anwendung im Dauerbetrieb überhitzen und entsprechend Schaden nehmen kann.

Gemäss modernen Vorschriften dürfen Triebfahrzeuge ohne Ergänzungsbremse (z.B. elektrische Bremse) nur verkehren, wenn die mechanische Bremse des Wagenzuges eine definierte minimale Bremsverzögerung der gesamten Zugskomposition zulässt, ohne dabei die mechanische Bremse der Lokomotive mit einzubeziehen.

Das Bremsvermögen von Eisenbahnfahrzeugen wird in Tonnen, beziehungsweise in Prozenten angegeben: 100 Bremsprozente entsprechen ungefähr einer durchschnittlichen Verzögerung von 1 m/s², gemessen über das gesamte zulässige Geschwindigkeitsspektrum des jeweiligen Fahrzeuges. Beispielsweise verzögert somit ein 35 Tonnen schweres Fahrzeug mit 80 Bremsprozenten durchschnittlich mit maximal 0.8 m/s² und verfügt entsprechend über ein Bremsgewicht von 28 Tonnen (35 t x 80 % / 100 % = 28 t).

Das minimal erforderliche Bremsverhältnis für die Talfahrt in einem Gefälle von 35 ‰ beträgt bei der Rhätischen Bahn 43 %. Selbstverständlich kann diese gesetzliche Auflage von einer maximal 35 Tonnen schweren Anhängelast nicht erfüllt werden, wenn die rechnerisch ungebremste Lokomotive bereits 37 Tonnen wiegt.

Fahrzeugbezeichnung«Lok 205»A 1102B 2060C 2012TotalBremsprozent
Fahrzeuggewicht Brutto
(Fahrzeuggewicht Netto)
37 t
(37 t)
12,07 t (10,27 t)12,14 t (8,84 t)11 t
(8 t)
72,21 t (64,11 t)
Bremsgewicht Wagenzug ohne Lok0 t10 t9 t8 t27 t37,39 % (42,12 %)
Bremsgewicht des gesamten Zuges22 t10 t9 t8 t49 t67,86 % (76,43 %)


Für diesen Spezialfall ist beim Gesetzgeber und bei der jeweiligen Infrastrukturbetreiberin eine Sonderbewilligung einzuholen, damit ausnahmsweise die mechanische Bremskraft der Lokomotive mit einberechnet werden darf. Die fehlenden Bremshundertstel sind mit einer Reduktion der maximal zulässigen Reisegeschwindigkeit zu kompensieren.